Vielleicht hast du schon mal davon gehört, aber es dir nicht vorstellen können?
Klar, es klingt erst mal unlogisch.
Theater ist immer sichtbar.
Wir alle spielen Theater.
Letzteres sagte der der Soziologe Goffman und meinte unser soziales Rollenspiel, in dem wir manchmal Familienmenschen, manchmal Arbeitskolleg*innen spielen, manchmal Liebhaber oder Kneipenfreunde ...
Unsichtbares Theater: Du glaubst nicht, was du siehst!
Du erlebst eine Szene, in der du wieder einmal siehst, wie verrückt die Welt ist, und willst grade eingreifen, da kommt dir jemand zuvor ...
Im Supermarkt, in der U-Bahn, in der Straßenbahn, beim Gemüseladen, im Wartezimmer, in der Fußgängerzone: Die Vorbereitenden schrecken vor keinem öffentlichen Ort zurück, vor allem auch vor keinem Thema des Unrechts, der Unterdrückten.
Das Theater der Unterdrückten hat viele Methoden
die
Augusto Boal seit seiner Zeit als Regisseur, Theaterleiter und Theaterpädagoge zuerst im Brasilien der 1960er Jahre, dann in Argentinien und im Exil entwickelt und zusammen getragen hatte. Vorläufer gab es schon in den kommunistischen Theatergruppen in der Weimarer Zeit, die gegen die Nazi-Propaganda und Zensur in den Untergrund gehen mussten.
In Brasilien gab es nach einer kurzen Demokratisierung einen Militärputsch und die ähnliche Ausgangslage, die Untergrund-Methoden erforderte, zur Erforschung, Erprobung und zur Entwicklung neuer Strategien.
Die zentrale und bekannteste ist sicher das Forumtheater
Eine Szene, die erst mal schlecht ausgeht, das dürften schon viele erlebt haben, aber als Methode im Theater? Da kann doch keineR aus dem Publikum nach vorne gehen und eine bessere Version ausprobieren?
Doch, wenn ein Joker, eine
Kuringa, dazu einlädt, die Sache aufzulösen, die eine Gruppe zuerst als Unrecht, als Übergriff oder Gewalt identifiziert und vorbereitet hatte.
Spätere Formen wie das
Legislative Theater sind bisher in Brasilien zeitweise erfolgreich gewesen, greifen aber hierzulande die vermias ch deintliche Heiligkeit der Juristerei und der gekauften Parlamente an: Wenn plötzlich die Bürger zu bestimmen hätten ...
Mit Dank an die KollegInnen und die OrganisatorInnen des Erinnerungsabend VIVA BOAL!
Eine Erinnerung an Leben und Werk des brasilianischen Theatermachers
Augusto Boal, der am 2. Mai 2009 verstarb – und ein Blick auf sein
Theater der Unterdrückten heute, zehn Jahre nach seinem Tod.
Mit
Nora Amin,
Fritz Letsch,
Bárbara Santos und
Henry Thorau, eingeleitet von
Christoph Leucht, moderiert von
Till Baumann
Allein die Reaktionen von verschiedenen Behörden bis Veranstaltenden auf das Wort "Unterdrückten", die sich durch den Abend zogen, machten deutlich, wie die jeweiligen ReGierungen ihre Verhältnisse betrachten:
"Bei uns gibt es keine Unterdrückten, wir brauchen das nicht!"
Literatur:
Augusto Boal, Theater der Unterdrückten, Übungen und Spiele für Schauspieler und Nicht-Schauspieler, suhrkamp TB 12.-
Henry Thorau, Unsichtbares Theater, Alexander Verlag Berlin
Paulo Freire, Pädagogik der Unterdrückten, Pädagogik der Hoffnung, Pädagogik der Autonomie ...