8.3.05

interkulturelle Zukunftswerkstätten

Zukunftswerkstatt ist in unserer Kultur schon nicht leicht und für viele Menschen nicht vorstellbar.

Die Arbeit von jugendlichen Migranten-Gruppen aus dem Kosova war hier aber so erfolgreich geworden, dass eine Einladung, eine Zukunftswerkstatt zum Wiederaufbau in der dortigen Nachkriegssituation mit den dortigen Jugendlichen zu veranstalten, zustande kam.

Einer von drei Teilen: In Kline und Godanc gab es weitere Werkstätten:

Kramovik in Kosova, August 2003

Ein Dorf am Fluss, ein Kieswerk mittendrin.
Die Schule etwas oberhalb, stolz und frei stehend, Kiespisten, ein Sportfeld, darüber ein kahler Hügel, Schotter vom lange schon stillgelegten Chrom-Bergwerk. In Tal-Einschnitten Wacholder und Eichen.

Die Klassenzimmer sind gross und hell, freundlich. Im Flur die Helden kosova-albanischer Geschichte, im Lehrerzimmer ein grosser moderner Tisch.

Die Kleinkindergruppe und der Hort müssen immer umräumen, wenn der Raum als Klassenzimmer genutzt wird, Schule ist in zwei Schichten, vormittags und nachmittags.
Am ersten Tag werden wir dem Rektor in seinem Büro vorgestellt, stolz steht dort ein Computer hoch auf dem Tisch. Es sind Ferien, August.

Wir starten mit der Gestaltung eines Klassenraums, mit vorbereiteten Plakaten und Krepppapier für Blumen, machen eine Vorstellungsrunde, in der klar wird, wer von den Mädchen und Burschen deutsch versteht, und wer übersetzen kann.

So geschieht die Anleitung in Übersetzung, die Arbeit in den Gruppen in albanischer Sprache; die Vorstellung der Ergebnisse meist zweisprachig.

>Ob wir die Analyse (Kritikphase) mit der Frage "was fehlt" / "was brauchen wir in unserem Ort" eingeleitet und damit das defizitäre Moment angesprochen haben, sollten wir - auch in den Übersetzungen - noch gründlich reflektieren, der Focus sollte bei der Veränderung des Bestehenden bleiben, drehte sich aber immer wieder in die Frage nach der Hilfe von draussen.<

Am zweiten Tag kommt auch kurz ein Lehrer-Kollege dazu, der uns den Plan für den Aufbau eines zweiten Stockwerks und der Gestaltung der Aussenanlagen einschliesslich Kostenplan ausführlich erläutert, als wären wir seine Sponsoren.

Am diesem 2. Tag sind - neben diesem und unserem "Betreuungslehrer" auc h die ersten Gäste da: Neffen und Nichten aus Norwegen, der Schweiz und Deutschland, die jeden August "nach Hause zur Familie" kommen. Obwohl zum Teil schon langjährig im politischen Asyl, zählt ihnen die Familie hier sehr viel, und manche haben hier auch noch ein Haus stehen.

Sie wollen gerne -so weit möglich- mitwirken. Im Rahmen des Verlaufes gebe ich ihnen auch gleich, entsprechend den schon arbeitenden Kleingruppen, die Aufgabe, aufzuzeichnen, was sie sich zu einem angenehmen August-Aufenthalt im Ort wünschen und was sie selbst dazu beitragen können.

Im Nu sind hier der Kulturtreffpunkt mit Bibliothek und Volkstanz-Raum zu Disco und Internet-Cafe, die Sport- und Erholungs-anlagen ergänzt, und es entsteht - aus einer Gruppe, die zum Rauchen ins Lehrerzimmer gefolgt war, die Entwicklung des Jahresplanes in Projektschritten, wie die Verwandten im Ausland in die Entwicklung des Dorfes eingebunden werden können.

Angefangen mit einem Brief, Adresslisten der Verwandten und ehemaligen Schüler, sollen deren Wünsche und mögliche Beiträge abgefragt werden.

> Wird sich zeigen, ob ein Brief das richtige Medium war: Durch die in der serbisch beherrschten Zeit geschlossenen albanisch-sprachigen Schulen sind die Meisten nicht so sehr am Schreiben, eher am Telefon: Vielleicht brauchen wir eine Interview-Anleitung, Mailing-Listen, eine Homepage dafür etc.? <

Einige machen sich auch gleich ganz praktisch an die Planung: Der riesige Dachboden der Schule könnte für den Sommer einen Einbau in Gipskarton-Platten bekommen, der das Internet-Cafe (und vielleicht sonstige sommerliche Infrastruktur) aufnehmen könnte, die das Jahr über dann der Schule zur Verfügung steht.

Die ersten Schritte, ein paar Computer einzusammeln, einen Satelliten-Anschluss zu erkunden und damit den Hintergrund für eine kleine Welt-Verbindung aufzubauen, sind gestartet.

Im Kontakt waren - für die sichere Umsetzung der Strategie und die gemeinsame Weiter-Entwicklung - die Rollen etwas zu offen geblieben, die Wünsche und die eigenen Beiträge in der Gruppe oft schnell vermischt. Wird sich zeigen, wie Lehrer und Lehrerin, Hortleiterin und Handwerker, Student und SchülerInnen in ihren Alltags-Situationen daran weiterarbeiten.

Die persönlichen Wünsche der Jugendlichen zur eigenen Ausbildung und Arbeit (Hotelfachfrau, Apotheker, KFZ-Mechaniker ...) brauchen Entwicklung im Ort, in Zimmervermittlung, Tourismusbetrieb liegen die Chancen des idyllischen Berglandes mit nun wachsendem deutschsprachigen Anteil wie Schweiz und Südtirol ...

Wie es allerdings zu einer gemeinsamen Entwicklung auch den verschiedenen Familien im Ort kommen kann, die verschiedener Herkünfte und Religionen sind, aber rund um das Tag und Nacht klappernde Kieswerk wohnen und arbeiten; ...

... wie das Kieswerk aus der Ortsmitte zum verantwortlichen Umgang mit dem Fluss kommt, wie die Hügel über dem Ort aufgeforstet und gestaltet, die Bahnlinie wieder in Betrieb genommen wird ... wird auch von den Stimmungen und politischen Verhandlungen abhängen, und von der Vision einer unabhängigen europäischen Region auf serbischem Boden ...

Die Gefährdungen durch jeweils gefärbte Aufrechnungen der Verbrechen, durch rassistische und sich über andere erhebende Parteigruppen sind natürlich gross, und die Verhinderung neuer Ansätze durch Korruption bleibt wahrscheinlich, so lange nicht ein nachbarliches Gemeindebewusstsein wieder-belebt wird, das bereit ist, für die Gemeinschaft der Familien Verantwortung zu tragen.

Darauf würde ich bei dem soliden Familienbewusstsein bauen, und ich hoffe, dass die EU- Verwaltung die Entwicklung kommunaler Demokratie fördert.

Im (Au)Gust 2004 werden wir sehen, wie sich Kramovik präsentiert: Als international besuchtes Familientreffen oder Zeltlager, mit Festen und Tanz-Aufführungen, Vorstellungen der verschiedenen Partner-Länder ...

Fritz Letsch

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